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Die Macht der Vergebung 

 Aktualisiert am September 13, 2018

-Von Maren Grote-

In Ruanda leben die beiden Volksstämme Tutsi und Hutu. Eine komplizierte und brutale Geschichte aus Macht, Politik und Hass führte zu Kämpfen und Morden. Die Morde wiederum führten zu Rachetaten und gegenseitigem Zerstören. Der Wunsch nach Rache gipfelte mit der Auslöschung von 75% der dem Tutsi Stamm zugehörigen Menschen und einem brutalen Massaker in dem unfassbar viele Menschen ihren Tod fanden.
Wie sollte man diese Entwicklung stoppen?
Heute sieht die Situation anders aus und trotz des Mordens ist ein Zusammenleben möglich.
Wie ist das Geschehen?
Hilfsprojekte kümmerten und kümmern sich heute noch um genau eine Sache:
Verzeihung durch Mediation.
Nicht Waffen, nicht Strafen und nicht Gefängnisse sorgten für Frieden zwischen den beiden Volksstämmen. Vergebung tat es.

In einer Ausgabe des Greenpeace Magazins gab es einen Artikel über ein Projekt zum Frieden durch Verzeihen. Es durften sich jeweils zwei Menschen, die sich im Täter-Opfer-Ausgleich trafen als Sinnbild für den Neuanfang zusammen fotografieren lassen.
Aus diesen Fotos bestand das künstlerische Projekt zum Thema „Vergebung“. Die Bilder zu sehen und den Text dazu zu lesen fand ich ergreifend und überwältigend.
Auf den ausdruckstarken Bildern stehen zwei Menschen nebeneinander, halten sich an der Hand und schauen direkt in die Kamera. Was sie beide erlebt haben ist für mich kaum vorstellbar. Diese Menschen haben den Mut aufgebracht zu vergeben und sich zu stellen. Mich hat das tief berührt und zum Nachdenken gebracht an meinen eigenen Fähigkeiten der Vergebung zu feilen.Natürlich gibt es in Ruanda noch genug zu tun, das steht außer Frage.
Aber ich habe schon überlegt, wie ich mit dem Verzeihen von Kleinigkeiten umgehen möchte, nachdem ich gelesen habe, wie es Menschen geschafft haben den Mördern ihrer Familien zu vergeben um Frieden einkehren zu lassen.
Für mich persönlich ist das ein Anreiz auch selbst an mir zu arbeiten. Als ein Geschenk an mich.
Jedem von uns ist sowas schon mal passiert. Da hat Jemand etwas getan, was uns zu tiefst verletzt hat, uns abgewiesen, unser Leben durcheinander gerüttelt und vielleicht sogar unseren Glauben erschüttert. Vieleicht hat er es nicht mal gemerkt, oder es war ihm egal. Vielleicht sieht er sich völlig im Recht und denkt, dass er seine Gründe hatte.
Wahrscheinlich haben wir es auch selbst schon getan. Einen anderen Menschen zutiefst verletzt, abgewiesen, sein Leben durcheinander gerüttelt oder sogar seinen Glauben erschüttert… Vieleicht haben wir es nicht einmal gemerkt. Vielleicht ist es uns egal, oder wir sehen uns völlig im Recht und haben unsere Gründe.
Was tun mit dieser Verletzung? Wenn niemand um Verzeihung bittet?
Den Gedanken an Vergeltung mit uns herum tragen wie ein Fläschchen Säure? Hier und da etwas auf unsere neuen Erfahrungen schütten? Immer ein Bisschen, zischend und ätzend, dabei, um sich damit die eigene Haut zu verbrennen und sich zur passenden Gelegenheit ein Schlückchen der brennenden Erinnerungen zu genehmigen?
Die Frage ist doch, wer leidet mehr unter dem herumgetragenen Gift?
Verzeihe ich für den Anderen?
Verzeihen heißt nicht gutheißen oder legitimieren. Verzeihen heißt nicht das Unrecht zu Recht zu machen, oder den Schmerz zu schmälern.
Verzeihen heißt heilen.
Und zwar mich selbst.
Verzeihen ist nicht für den Anderen, verzeihen ist für mich und meine Ruhe, mein Glück und meinen eigenen Glauben an die Welt und das Gute.
Ich verzeihe Dir, als Geschenk für mich selbst.
Klingt einfach. Und logisch. Sieht in der Realität gerne anders aus.
Es wird uns ja auch von Kindheit an gezeigt, dass Buße und Rache die einzig legitimen Reaktionen auf Verletzung und Unrecht sind. „Wer hat angefangen?“ scheint schon im Kindergarten die wichtigste Frage, obwohl das rein gar nichts ändert. Doch der Gedanke an Strafe ist tief in uns verwurzelt.
Also stecken wir unsere Straftäter und Menschen mit schlechten Ideen und schlimmen Geschichten in Gefängnisse zusammen mit noch gefährlicheren Menschen und noch schlechteren Ideen und geben ihnen neue Kontakte für noch mehr schlimme Erfahrungen, schlechter Laune, Gewalt, Hass, Abwehr, Drogen.
Niemand kommt als besserer Mensch aus dem Knast. Erwiesen ist das schon lange.
Angst vor Strafe hält auch nicht nachhaltig davon ab Böses zu tun.
Verständnis schon.
Die Länder mit den höchsten Strafmaßen und sogar der Todesstrafe haben keinesfalls geringere Kriminalitätsraten. Im Gegenteil.
Das Aufrüsten auf beiden Seiten verroht und lässt sich alle nur noch mehr im Recht fühlen.
Eine Einsicht über die angetanen Verletzungen kann man über Rache nicht bekommen.
Empathie, Verzeihen und erfahren, wie Andere einem selbst vergeben lernt man so nicht.
Den Geschädigten hilft die Vorstellung der Rache meist auch nur kurzfristig und ihren Schmerz ändert es gar nicht.
Im Gegensatz zu unserem Strafsystem stehen die Statistiken, die für langfristige Besserung sprechen, wenn es zum Täter-Opfer-Ausgleich kommt.
Klärende Gespräche und Zusammenführung, Verständnis für beide Seiten, Prävention für die Zukunft.
Von einem Mediator geleitet und darauf ausgelegt, dass die Tat in Zukunft aus eigener Einsicht nicht mehr zu Stande kommt und das Opfer seine Opferrolle verlassen und loslassen kann.
Verzeihen ist das Ziel und sorgt nachweislich für mehr Zufriedenheit und Prävention als Strafe.
Auf beiden Seiten.
Im Kleinen ist das ähnlich.
Buße und Rache entlädt zwar den Zorn, der Schmerz aber bleibt.
Da hilft nur Heilung und die kann ich mir selbst geben, indem ich los lasse von der Anklage und der Wut, von Rache und der Idee von Wiedergutmachung durch die Schmerzen des Anderen.
Ich weiß, ein großes Ziel und ein weiter Weg dorthin. Und ich kann ganz sicher sagen, dass ich mich selbst nur auf dem Weg sehe und selbst noch große Ziele in dieser Richtung habe.
Aber um mal zu testen, wie es sich anfühlen kann, hilft Ausprobieren im Kleinen. Ein kleiner Streit, eine Person die sich blöd verhalten hat.
Einfach mal das berühmte „Gut sein lassen“ bewusst zu testen mit einem Vergeben. Ja, es war blöd und die Verletzung ist real.
Und trotzdem kann ich es gehen lassen und vergeben, dass es passiert ist, es als eine der vielen Erfahrungen verbuchen, die mich weiter gebracht haben, die mich gelehrt und geschult haben.
Nicht einfach Gras über die Sache wachsen zu lassen, sondern bewusst und gezielt los lassen.
Aus meiner Erfahrung verbinden wir Verzeihen sofort mit Verpflichtungen.
Ein Freund dem wir Verzeihen müssen wir danach nicht wieder unsere Freundschaft schenken.
Wir lassen nur die Feindschaft gehen.
Oder wir denken, dass Verzeihen beinhalten würde, dass wir Verletzungen hinnehmen, oder sogar belohnen würden, dass wir geradezu dazu auffordern dasselbe nochmal zu tun.
Dabei hat Vergebung nur am Rande mit Demjenigen zu tun, dem vergeben wird.
Er muss es nicht einmal wissen oder auch nur anwesend oder am Leben sein.

KöterCoach: Lisa & Maren

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    • Hallo Margot,
      ja das glauben wir auch. Und für die ganz eigene Welt von jedem von uns gibt es so jeden Tag ein kleines Stückchen mehr Frieden.
      Ganz liebe Grüße,
      KöterCoach – Lisa

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